Meine Tochter war ja bisher immer äußerst zurückhaltend mit Ferienaktivitäten. Umso überraschender traf uns ihre Verkündung, dass sie im kommenden Jahr ein Auslandssemester in Kanada anstrebte. Nachdem ich den ersten Schock veratmet hatte, suchte ich nach einer diplomatischen Lösung.

Nicht, dass ich es nicht toll finde, wenn junge Menschen die Welt für sich erobern. Aber unsere Laurie war eben bislang bis auf Schulschikurse und gelegentliche Nächtigungen bei Freundinnen noch nie alleine irgendwo. Und dann gleich ein ganzes halbes Jahr? Während meine Tochter das gesamte Lehrerkollegium mit ihrer Idee infizierte, dort schon eifrig nach Organisationen und Erfahrungsberichten geschürft wurde, begann ich leise zu insistieren. „Wie wäre es denn mal mit einem Ferienlager? Da könntest du ja erst einmal für einen kürzeren Zeitraum ausprobieren, wie es so ist, weg von daheim.“ Die Idee fand Anklang und sogleich streckte ich meine Fühler aus. Wir waren schließlich nicht wirklich früh dran mit unserer Idee, einen Camp-Platz zu suchen. Langjährige Netzwerkfreundschaften jedoch machen oft das Unmögliche möglich und so fand ich Hilfe bei Katharina Schwarzer, die zusammen mit ihrem Lebenspartner Thom Kunz, das Wiener Chapter von CISV leitet, einer Organisation für internationale Ferienprogramme.

Im Laufe der Jahre hatte ich immer wieder mitbekommen, welch tolle Reisen Katharinas Kinder unternommen hatten und es oft bedauert, dass ich meine Süße so gar nicht dazu animieren konnte. Doch diesmal war es soweit. Katharina und Thom fanden einen last-minute-Platz für Laura in einem step-up in Madrid, drei Wochen im Juli. Laura war sofort begeistert!

PRE-CAMP

Jeweils zwei Burschen und zwei Mädchen pro Land reisen zu diesem Step-up-Camp als Delegation mit einer Betreuungsperson an. Schon kurz nach unserer Buchung wurde ein Treffen der vier Österreicherinnen – in unserem Fall ausnahmsweise vier Mädels – in Linz zum ersten Kennenlernen organisiert. Laura – weiterhin sehr begeistert. Im Juni dann die erste kleine Bewährungsprobe: Ein Wochenende lang verbringen alle österreichischen Jugendlichen (ab elf Jahren!) zusammen auf dem Pre-Camp. Gegenseitiges Kennenlernen, Camp-Luft schnuppern, vor allem aber Antworten auf viele, viele Fragen und noch mehr Aktivitäten, Spiel & Spaß standen auf dem Programm. Laura kam von diesem Pre-Camp schon ein wenig verändert zurück. „Mama, findest du nicht, dass ich jetzt viel friedlicher bin?“ Kein Wunder, ist das Motto der CISV-Camps doch vor allem der interkulturelle Austausch, Toleranz und ein friedliches Miteinander. Da konnte sogar das Handy-/iPad/iPod-Verbot nichts an der guten Laune und der Vorfreude auf das große Abenteuer ändern.

ES GEHT LOS!

Anfang Juli war es dann soweit: Freitag, 5 Uhr Früh – Treffpunkt am Flughafen Schwechat. Alles ist gepackt und viele Male gecheckt. Und wenn Laura nervös war, ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. „Nein, aber ich freu mich schon so!“ Na gut!  Dann auf nach Madrid! Dort werden die Mädchen von ihrer Gastfamilie in Empfang genommen, bei der sie das erste Wochenende verbringen und Madrid kennenlernen dürfen, während die Betreuer weiter ins Camp reisen, um dort alles für die Kids vorzubereiten, die dann am Sonntag abends eintreffen. Insgesamt neun Delegationen aus Brasilien, Italien, Spanien, China, Taiwan, Norwegen, Schweden, USA und Österreich verbringen nun drei gemeinsame Ferienwochen. Wie aufregend!

Dass das Handy-Verbot für mich viel dramatischere Auswirkungen haben könnte, als für meine Tochter … auf diese Idee bin ich nicht gekommen. Jedenfalls nicht vor Samstag. Denn da ging es mir dann schon wirklich nicht mehr so gut – meine Tochter am Flughafen abzuladen und nichts mehr von ihr zu hören … nach fünfzehn Jahren engster Beziehung war das so ganz ohne Vorwarnung und Übung nicht so leicht für mich. Ist sie denn überhaupt gut angekommen? Hoffentlich ist die Gastfamilie nett! Hoffentlich vertragen sich die Mädchen! Wie wird sie wohl die brütende Hitze von an die 40 Grad verkraften? Wird sie auch etwas essen? Und trinken?

Wir haben zur Ablenkung das Wochenende in den Bergen verbracht und das war gut so. Noch viel besser aber war es, heimzukommen. Denn da fand ich unter meinen E-Mails eine Nachricht von Lola, der wunderbaren Gastmama aus Madrid! Berührende Zeilen, in denen sie von den Mädchen schwärmt, wie brav und nett sie waren, wie interessiert und dass sie so viele Fragen stellten zum Leben in Spanien und in Madrid. Sie rät, uns keine Sorgen zu machen, den Mädels geht es ganz ausgezeichnet und bestimmt werden sie eine tolle Zeit im Camp verleben. Ich bin sooooo erleichtert!

Tags darauf auch schon die ersten Fotos in der Facebook-Gruppe, die die Camp-Leiter für uns daheimgebliebene Eltern eröffnet hatten. Und wir finden Laura auf den Fotos. Strahlend! Wie wundervoll! Nun, langsam entspanne ich mich – ich bin beruhigt. Es folgen weitere Fotos, immer wieder – unter vielen fröhlichen Jugendlichen unterschiedlichster Nationalität – auch ein Foto von unserer Süßen. Und immer wieder ein breites Lächeln. Sie, die sich sonst so gar nicht gerne fotografieren lässt, strahlt in die Kamera und es ist ganz offensichtlich – sie ist mega-happy!

Schon vor ihrer Abreise hatte sie ja verkündet, nun jedes Jahr ein CISV-Camp zu besuchen. Wie es aussieht, können wir für das kommende Jahr wohl schon buchen …

HOLLABRUNN RULEZ

Auch in unserem schönen Weinviertel  machen junge Menschen aus verschiedenen Nationen Camp-Ferien, untergebracht in der Landwirtschaftlichen Fachschule in Hollabrunn. Wer Lust hat, mal in das CISV-Camp-Leben zu schnuppern, kann dies am OPEN DAY am 22. Juli in Hollabrunn tun. Ab 14:30 Uhr präsentieren die Delegationen ihr Land und freuen sich schon auf viele Besucherinnen und Besucher!

Natürlich sind jedes Jahr aufs Neue auch in Österreich Gasteltern gefragt, vor allem in der Nähe von Hollabrunn. Bei uns hat es in diesem Jahr leider zeitlich nicht geklappt, aber für das kommende Jahr haben wir uns fest vorgenommen, in Lolas Fußstapfen zu treten und ein oder zwei jungen Menschen unser schönes Land an ihrem Einstiegswochenende ein wenig näher zu bringen!

Alle Infos für Neugierige, Unterstützer und Eltern, die ein verfrühtes Auslandssemester vermeiden wollen gibt’s bei Katharina und Thom: http://www.wien.cisv.at