Seit einiger Zeit habe ich für die Magazin-Arbeit eine To do-Liste. Nicht, weil ich die Punkte drauf sonst vergessen würde, sondern ganz im Gegenteil, weil ich krampfhaft versuche, mein Tagespensum zu beschränken. Schon vor Jahren hat mich eine Hewlett Packard-Managerin bei einem Vortrag beeindruckt, weil sie der Meinung war, dass von vielen Unternehmern eines der Hauptprobleme heutzutage ist, ihren Arbeitstag zu beenden. Ich kenne das nur allzu gut …

Und eben aus diesem Grund habe ich meine To do-Liste, die mir (meistens/manchmal) das Gefühl gibt, dass ich mein Tagwerk geschafft habe, wenn ich meine Tagespunkte erledigt habe. Nämlich auch dann, wenn da noch eine ganze Menge zu tun ist. Aber das darf dann auf morgen warten. Und übermorgen ….   Aber leicht fällt mir das nicht!

Die To do-Liste habe ich ins Leben gerufen, nachdem ich den ersten Schock über die Krebserkrankung meiner Mutter verdaut hatte. Ich war mächtig alarmiert, beunruhigt, verängstigt und massenhaft schlechtes Gewissen türmte sich auf höchst erdrückende Weise in mir auf: zu viel Arbeit, zu wenig Bewegung, zu viele Zigaretten, zu viel Süßes, zu viel Gewicht, zu wenig Urlaub, … es musste etwas geschehen. Nicht, weil ich glaube, dadurch eine schlimme Erkrankung zu vermeiden, sondern vor allem, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Eine Zeit großer Vorsätze begann: weniger arbeiten, mehr bewegen, weniger rauchen, weniger Süßes, mehr abnehmen, mehr Urlaub machen. Schnell wurde mir klar, dass in meinem turbulenten Leben gar nicht genug Platz für so viele Vorsätze ist. Und das beunruhigte mich auch nicht weniger. Dann kam die Liste ins Spiel, als erster Schritt sozusagen. Und als einer, der mehr Platz schaffen soll, für meine Vorhaben.

Robert, mein neuer Ernährungs-und-Mental-Personal-Coach, ist nun der zweite Schritt. Er will/soll (und hoffentlich /wird) mir helfen, weitere Punkte aus der Reihe meiner Vorsätze umzusetzen. Er sagt: Tu dir etwas Gutes. Belohne dich nicht mit Schoki, belohne dich mit etwas, das du (auch) möchtest. Du willst mehr Bewegung? Also belohne dich doch mit einem täglichen Spaziergang. Hmmmm ….

Heute habe ich es also ausprobiert. Mein letzter Punkt auf der Tagesordnung wurde durch ein ärgerliches Telefonat unterbrochen. Aha – fertig, aber sauer. Meine Gedanken kreisen um die Lade, in der die (Bitter)Schokolade verstaut ist. Für (solche) Notfälle. Aber die Gehirnwäsche von Coach Robert setzt (Gott sei Dank) ein: Belohne dich doch mit einem Spaziergang! Gut, ich versuch’s. Rasch die Gummistiefel, den dicken Wollmantel und die Hundeleine geschnappt (bevor ich es mir noch anders überlege) und raus aus dem Haus. Ben freut’s. Und mich? Naja …

Die Sonne geht in der Ferne unter und taucht Großrußbach in goldenes Licht. Ich dachte, man spricht vom „Goldenen Herbst“, weil sich die Blätter gelb färben. Aber der ganze Ort liegt in dieses schmeichelnde, sanfte, goldene Licht getaucht unter mir und da und dort bilden Dachrinnen und Fenster leuchtende Reflexe. Ein schöner Anblick, der mich milde stimmt und den Ärger von vorhin verrauchen lässt. Frische, klare Luft einatmen, mal gar nichts denken, nur schauen … es tut wirklich gut und als ich daheim die Gummistiefel abstreife, merke ich, dass sich auch gar kein schlechtes Gewissen in mir regt. Tagwerk beendet, mit Spaziergang belohnt – ich bin sehr zufrieden mit mir. Coach Robert sicher auch!