Lange dachte ich ja, ich bin die einzige, die zu manchen Sachen einfach nicht fähig ist. Nicht mal dann, wenn ich es eigentlich wirklich will. Und es mir ja in anderen Lebensbereichen auch nicht so an Disziplin mangelt … 

Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Vitaminsaft, den ich vor einigen Jahren in unserer Familie eingeführt habe. Jeden Morgen ein Glas davon trinken – schmeckt gar nicht mal übel. Die Familie trinkt ihn brav und regelmäßig, ich jedoch – die ihn aus vollster Überzeugung in unserem Haushalt etabliert hatte – „vergesse“ so gut wie täglich darauf. Und das ärgert mich. Offenbar aber nicht genug, denn ich „vergesse“ auch weiterhin.

Mein Göttergatte, der sich höchst konsequent allmorgendlich die Vitamindosis einverleibt, rät mir zu Trick17. „Trink erst deinen Morgenkaffee, wenn du das Vitaminchen intus hast. So mach ich das auch und das funktioniert gut.“ Bei ihm. Ich hingegen schalte morgens im Halbschlaf die Kaffeemaschine ein, denke mir während sie hochfährt, dass ich jetzt meinen Vitaminsaft trinken sollte, drücke die Taste, verschiebe das Vitaminchen auf später, verziehe mich erst mal zum Wachwerden mit meinem Kaffee an einen ruhigen Ort, … und vergesse.

Heute habe ich seit langem wieder einmal mit meiner lieben Freundin B. telefoniert. Sie war auf Urlaub und wir haben uns länger nicht gehört, bringen uns also in einem ausgedehnten Telefonat gegenseitig auf den Ist-Stand. Plötzlich fragt sie: „Sag, nimmst du eigentlich den Vitaminsaft noch?“ Kein Facetime – also sieht sie nicht, wie sich meine Backen röten. Auch ihr hatte ich damals den Saft empfohlen, auch sie hat ihn für gut befunden und in ihrer Familie implementiert. Und … auch sie „vergisst“ ihn fast täglich.

Eine Zeitlang beschäftigt uns dieses beiderseitige „Vergessen“, denn B. ist noch dazu Psychologin, da könnte dieser Selbst-Boykott schon ein raumfüllendes Thema werden. Aber wir agieren ja lösungsorientiert und wollen uns nicht in Analysen verlieren. Also – was tumma? Und plötzlich haben wir beide wie aus einem Munde gleichzeitig die zündende Idee: Ich trink ihn für dich und du für mich! Naja, zugegeben ein bisserl eine psychologische Geschichte war schon dahinter, und die gefolgerte Erkenntnis, dass wir für andere immer und allzeit bereit sind, bei uns selbst aber oft kläglich versagen. Insofern war der Lösungsansatz sozusagen aufgelegt!

Und jetzt, Ihr Lieben, muss ich Schluss machen, denn B.’s Vitaminstoß ist heut noch fällig! Und da gibt’s jetzt kein Pardon!