Jetzt ist es mir schon wieder passiert! Auf meinem Heimweg liegt ein Gärtnereibetrieb und ich möchte meinen Kräuterbestand aufstocken und freue mich, dass ich das – auf dem Weg von einem Interview zurück in die Redaktion – gleich erledigen kann. Aber … leider …

Wieder mal stehe ich vor verschlossenen Toren, ein Zettel informiert mich, dass vom 18. Juni bis in den Juli hinein nur mehr vormittags geöffnet ist. Ich bin sauer. Nur die Tatsache, dass es ja noch viele andere Betriebe gibt, wo ich meine Kräuter kaufen kann, tröstet mich ein bisserl.

Gestern wollte ich meinen Wocheneinkauf im Bioladen erledigen. Der bietet keine Bankomatkassa, also darf ich nicht vergessen, vorher Bargeld zu organisieren, um nicht (wieder) nach dem Einkauf hektisch einen Bankautomaten suchen zu müssen. Mein Vorausschauen war allerdings völlig überflüssig, denn auch der Bioladen hat sich entschlossen, in nächster Zeit nur mehr vormittags geöffnet zu halten.

Ich habe dieses Thema schon vor einiger Zeit auf meiner Facebook-Seite zur Sprache gebracht, weil ich mich damals geärgert hatte, dass ich einen neuen Shop (der sich obendrein mit dem Verkauf von Nischenprodukten befasst) im Weinviertel besuchen wollte. Als ich ihn endlich gefunden hatte (schon die Adresse ist etwas verwirrend und – zumindest für Orts-Außenstehende nicht so leicht zu orten), stand ich wieder mal vor verschlossenen Türen. Ein Taferl belehrte mich über die Öffnungszeiten: Montag Ruhetag, Dienstag bis Freitag von 11 bis 19 Uhr, Samstag von 11 bis 15 Uhr. Wer da wie ich voraussetzt, dass man heutzutage in einem Ladengeschäft um 10.30 einkaufen kann, hat eben Pech!

 

Jeder wie er will

Na klar, jede Unternehmerin und jeder Unternehmer darf selbst bestimmen, was er wie tut. Er darf auch völlig selbstbestimmt entscheiden, ob er lieber den Nachmittag über die Seele baumeln lässt, seine eigenen Bedürfnisse voranstellt, oder die, seiner Kunden, frei nach dem Motto: Allzeit bereit! Nur – im Falle man sich da für die erste Variante entscheidet, bitte dann nicht (auch noch) jammern!

Das ist nämlich das, was ich auch regelmäßig erlebe: Unzufriedene, frustrierte Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich über mangelnde Kundenfrequenz und ergo auch zu wenig Umsatz beklagen! Und nicht selten sind es genau die, die dann einfach nachmittags ihren Laden geschlossen halten, weil „eh keiner kommt!”

Da muss man sich dann auch mal fragen: War vorher die Henne da oder doch das Ei! Also: Wie viele sind dort schon mal vor verschlossener Tür gestanden und haben sich daraufhin anderswo bedienen lassen? Mir ist es bei einem Laden, in dem ich nichts Lebensnotwendiges kaufen muss, sondern eher kauflustig stöbern will, ob mich etwas Nettes anspringt, in den letzten zwei Monaten drei (DREI!!!) Mal passiert, dass ich vor geschlossenen Toren gelandet bin, wo mich höhnisch ein dekoratives Schild mit der Aufschrift „Closed“ angelacht hat, obwohl die Öffnungszeiten anderes versprachen. Es ist jetzt eben einfach zu!

Aber Leute … wie oft meint Ihr, werden potentielle Kunden Euren Laden anfahren, wenn das (nicht nur einmal) passiert?

 

Das pöse Internet

Eine häufige Leier unserer Zeit ist auch die horrende Konkurrenz der Onlineshops. Aber: Wenn ich drei Mal umsonst einen Laden anfahre, bin ich als Konsument übergücklich über den vergleichsweise „perfekten Kundenservice”, den mir ein Onlineshop bietet: Rund-um-die-Uhr-Bestellung, kostenfreie Lieferung, Umtauschrecht, etc. Und hol mir die soziale Komponente halt mit Freundinnen beim Kaffeeplausch!

Ist es bei dieser durchaus ernstzunehmenden Konkurrenz nicht eher angesagt, mit aller Kraft dagegenzuhalten? So wie so mache Geschäfte besonders flexible Einkaufszeiten bieten, ihren Kund_innen mit Kaffee und Prosecco den Einkauf versüßen wollen, ein besonders ausgesuchtes Sortiment führen, das nicht in jedem x-beliebigen Webshop (womöglich noch billiger) zu finden ist, und noch viele andere kreative Lösungen parat haben.

Ist es da sinnvoll, beispielsweise gerade in der heißumkämpften Bücherbranche in teure Werbung zu investieren und dabei die eigene Online-Bestellfunktion zu thematisieren (bei der die Bücher dann im Laden abgeholt werden müssen), anstatt auf die gemütliche Lese-Lounge, die hauseigene Kaffeemaschine und Erfrischungen, vor allem aber persönliche Beratung und individuelle Services hinzuweisen?

Mag sein, dass es andere Konsumenten anders lösen, geduldiger sind, mehr Zeit haben oder mehr Herz für Seelenbaumler. Ich persönlich habe in einigen Jahrzehnten meiner Selbstständigkeit jedenfalls versucht, den Kopf über Wasser zu halten, indem ich für meine Kunden Purzelbäume geschlagen habe. Und ich kenne ganz viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die das heute auch noch tun. Und die auf die Frage „Wie geht’s?“ mit einem begeisterten Daumen-hoch antworten. Sie haben zwar (Gottseidank) viel Arbeit, sagen sie, aber das Geschäft läuft. Hmmm, … Kundenservice und die Bemühung auf Kundenbedürfnisse einzugehen, scheint sich also ganz offensichtlich auch heute noch zu lohnen … Alle anderen: Bitte nicht jammern!