Schon Anfang 2021 war mir klar – gerade wir Zeitungsmacher werden es nicht leicht haben. Logisch, wer sich kaum seine explodierenden Energiekosten leisten kann, hat keinen Kopf (bzw. Cent) für Werbung …

 

Mittlerweile zeigt sich auch bereits die harte Realität: Gut und langjährig eingeführte Medien wie etwa die „Wienerin“, „Diva“ oder „Shape“ und „Joy“ wurden mit Jahreswende eingestellt. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der renommierte deutsche Verlag Gruner & Jahr 900 (!) Stellen und 23 (!) Magazintitel abbaut. Dabei sprechen wir hier von großen Playern auf dem Mediensektor, die nicht nur mit Bundesinseraten gut versorgt werden, sondern auch reichlich Presseförderung erhalten.

Die Krux: Gerade in Zeiten, in denen es wirtschaftlich mau ist, ist es überlebenswichtig, Umsatz zu generieren. Möglichst mehr als vorher. Und das wird wiederum ohne Werbung schwierig …

Wovon leben Zeitschriften eigentlich?

Ohne Werbeeinnahmen keine Musi – so ist es nun mal. Da erweisen sich auch Presseförderungen (die ohnehin nur an bestimmte Medien ausgeschüttet werden) letztlich auch nur als ein Tropfen auf dem heißen Stein. So gibt es zum Beispiel für unsere Regionalmagazine „Wein4tlerin“ und „Wald4tlerin“ von Anbeginn an weder (Presse)Förderung(en) noch Inserate von öffentlichen Stellen. Ergo ist es unsere Aufgabe, ein so lesenswertes Magazin zu produzieren, dass es von möglichst vielen Menschen gelesen wird. Nur dann ist eine Zeitschrift auch für Werbekunden interessant, die sich dadurch erhoffen dürfen, dass ihre Botschaft gut beim Konsumenten ankommt.

Mit Regionalmagazinen funktioniert das nach Jahren ehrgeizigen Dranbleibens gut, weil der Streuverlust der Werbung gering ist, also die Leserschaft zu einem sehr hohen Prozentsatz auch tatsächliche Kundschaft ist und die Werbebotschaft so auch gut nützen kann. Die Auflage von Regionalmagazinen ist überdies nicht so hoch, wie etwa bei nationalem Erscheinen, sodass auch die Werbepreise im leistbaren Bereich bleiben.

Fazit: Werbekunden finanzieren die Produktion einer Zeitschrift, damit sie sich ihre Plattform für ihre Werbebotschaft erhalten.

Mach’s mir umsonst!

Mit Werbung allein lässt sich natürlich aber keine Zeitschrift gestalten, da hätten die Leser keine Freude damit. Es muss also rund um die Werbeeinschaltungen ansprechenden Lesernutzen geben – Neues und Interessantes eben …

Und hier kommt die Öffentlichkeitsarbeit (public relations, PR) ins Spiel. Ursprünglich gedacht zur Unternehmenskommunikation, um einen vertrauensvollen (relations) Zugang zur Öffentlichkeit zu fördern, entwickelt sich dieser Bereich immer mehr zum Ansuchen um kostenlose Werbung. Denn dass der Konzern XY ein neues Produkt gelauncht hat, ist keine Vertrauensfrage, sondern ein Fall für ein hübsches Inserat, mit dem die Öffentlichkeit darüber informiert wird.

Aus meinem Redaktionsalltag kann ich berichten, dass etwa 80 % meiner täglichen E-Mails solche „Pressemitteilungen“ rund um neue Produkte sind, die mit der Hoffnung einhergehen, dass diese neuen Produkte kostenlos beworben werden.

Fairness gesucht

In wirtschaftlichen Hoch-Zeiten ist dieses Ansinnen vielleicht noch vertretbar gewesen. Oftmals wurden solche „Pressemitteilungen“ dann als Lückenfüller eingebaut, weil es einfacher als das Recherchieren von Content ist. In der aktuellen Zeit allerdings, in der einem Magazin nach dem anderen die Luft ausgeht, finde ich dieses Ansinnen ziemlich unfair, bedeutet es doch, dass „die anderen“ den Raum für das Medium mit ihrer Werbung bezahlen sollen, in dem ich dann kostenloser Nutznießer werde …

Diese Zeiten sind vorbei und wenn es mit dem Zeitschriftensterben so weitergeht, dann wohl auch für lange Zeit.

Immer wieder höre ich von Lesern das große Bedauern, dass dieser oder jener Print-Titel nicht mehr erhältlich ist. Das betrifft beispielsweise auch unser Magazin CHI, das wir als nationales Magazin aufgrund der aktuellen Situation zurzeit nur multimedial produzieren können. Wenn wir uns bunte Zeitschriften und hübsche Magazine mit ansprechenden Reportagen, kultivierten Texten und schönen Fotos weiter erhalten wollen, dann wird das nur gemeinsam funktionieren. Sonst wird es wohl bald weder für bezahlte noch für unbezahlte Werbung Raum geben …