Als die renommierte Schweizer Astrologin Silke Schäfer vor einigen Jahren vom Tod des Egos im Zuge des Zeitenwandels sprach, wurde mir ehrlich gesagt schon ein wenig mulmig …

Mir schien es schwierig, Begriffe wie Selbstbewusstsein, Selbstwert, Selbstliebe, Egoismus und das Ego an sich auseinander zu dividieren. Auch wenn ich mich nicht für einen egoistischen Menschen halte, war mir doch auch klar, dass mein „Ego“ nicht gerade winzig ist. Es sterben zu lassen … dazu fehlte mir allerdings die Vorstellung. Was blieb dann von mir übrig?

Heute, mitten in besagter Zeitenwende, habe ich viel zu diesem Thema gelernt. Von mir selbst und von anderen. Mitzuerleben, wie so vieles auf dieser Welt plötzlich (bittere) Realität wurde, und so viele Menschen dies entweder gar nicht bemerken oder es ihnen egal ist, solange ihr eigenes unmittelbares Dasein davon nicht allzu sehr betroffen ist, hat mich sehr nachdenklich gemacht.

Doch wie steht es mit unserer Verantwortung für das große Ganze? Ist die große Veränderung überhaupt möglich, wenn jeder nur sein eigenes Schneckenhaus im Blick hat? Wer keine Kinder hat, den kümmert nicht, wie unangenehm deren Leben sich verändert hat? Den berührt die wachsende Zahl suizidgefährdeter junger Menschen nicht? Wer keine Eltern im Pflegeheim hat, ist nicht zu schockieren dadurch, dass so viele mutterseelenallein monatelang auf Besuche von Angehörigen verzichten mussten?

Die Liste wäre noch lange fortzusetzen, doch die Frage, die sich mir stellt: Ist nicht „die Gesellschaft“ die Summe ihrer Teile und sind wir nicht alle, als Teil davon, für sie verantwortlich? Darf uns egal sein, was uns nicht unmittelbar und persönlich betrifft?

#bettertogether

Zugegeben: Ich habe als Empathin hohe persönliche Moralvorstellungen, die es mir leicht(er) machen, mein Ego zurückzustutzen. Aber letztlich scheint es mir nicht nur eine Frage des Mitgefühls zu sein, wie wir miteinander als Gesellschaft umgehen, sondern auch eine Frage des Verantwortung Übernehmens. Im kleinen Dorf beim Laden nicht einzukaufen und dann lauthals darüber zu klagen, wenn der wegen mangelnder Frequenz zusperren muss, das habe ich in den vergangenen Jahren schon öfter erlebt. Immer wieder weise ich in unseren Regionalmagazinen darauf hin, dass es in unserer gemeinsamen Verantwortung liegt, welche Ressourcen wir zur Verfügung haben. Und wenn ich heute – in so schwierigen wirtschaftlichen Zeiten für kleine und mittlere Unternehmen – höre, dass Kunden sich darüber beschweren, dass in der ohnehin so geschwächten Modebranche Modelle aus dem Vorjahr liegen (die aufgrund der zahlreichen angeordneten Schließungen keinen Absatz finden konnten), und dem Unternehmer ungeniert ins Gesicht gesagt wird, dass man dann doch lieber im weltweiten Internet bestellt, dann zeigt sich, dass es mit dieser Verantwortung wohl (noch) nicht so weit her ist. Wenn dem geplagten Unternehmer dann die Luft ausgeht, wird die Empörung wieder lautstark zu hören sein.

Hilfreich ist in diesen Zeiten wohl der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. Wenn wir uns heute nicht für das einsetzen, was uns als Gesellschaft wichtig ist, brauchen wir uns morgen nicht darüber zu beklagen, was uns genommen wird!

Die weitere, aber auch die jüngste Vergangenheit lehren uns, was alles möglich werden kann. Wer ein Auge auf Nachbarländer wie Deutschland riskiert, kann sich von weiteren Ideen und Plänen der „Machthaber“ überzeugen. Ich setze den Begriff unter Anführungszeichen, denn eines ist klar: Die Macht liegt auch weiterhin beim Volk und nicht bei einzelnen. Doch nur im geeinten Miteinander, in der eben das einzelne Ego nicht mehr die Hauptrolle spielen kann.

Wassermann-Zeitalter: Individuum in der Gruppe Gleichgesinnter

Die Aufgabe des Egos hat nichts mit persönlicher Selbstaufgabe zu tun. Ganz im Gegenteil: Gleich etliche Erlebnisse in den vergangenen Monaten haben mich gelehrt, wie das mit dem Ego funktionieren kann.

So habe ich beispielsweise liebe neue Freunde gewonnen (ja, auch etliche in den vergangenen Monaten verloren). Es sind wahre Herzensmenschen, aber sie teilen nicht alle meine Ansichten. In Gesprächen verspüre ich meine alten Reflexe: Ich will widersprechen, meine abweichende Meinung rausposaunen, Recht haben. Weil mir diese neue Freundschaft und Herzensverbindung viel bedeutet, bleibe ich still und mein Ego (na klar ist es noch da!) verzieht sich schmollend in eine Ecke. Ich erkenne: Es macht mich nicht stärker und nicht schwächer, meinen Mund zu halten, meine Meinung nicht ins Feld zu werfen. Es ist schlichtweg bedeutungslos, ändert nichts an meiner persönlichen Einstellung, macht mich nicht besser und nicht schlechter. Bämm, nimm das Ego! Wieder mal 1:0 für mich!

Die beiden vergangenen Jahre haben mir gezeigt: Mein eigener Wert hängt nicht davon ab, ob meine Haltung, meine Meinung, meine Lebensphilosophie, im Außen bestätigt werden. Im Gegenteil: Erst die Streitgespräche, die mein Ego so gerne führen mag, bringen mich in eine schwache Position, in der ich das Gefühl habe, um meine Haltung kämpfen zu müssen. Und ganz ehrlich: Gekämpft wurde für meinen Geschmack nun beileibe genug.

Und so kann ich es bereits fühlen, das neue Wassermann-Zeitalter, das uns sein lassen mag, wie wir sind. Ohne Wenn und Aber. Und das uns in ganz neue Gemeinschaften führen will. Und wird!